Fast Fashion ist in aller Munde – es bezeichnet ein Geschäftsmodell des Textilhandels, das auf billigen Preisen, schnellen Kollektionswechseln (bis zu 24 Kollektionen pro Jahr!) und dem permanenten Neukauf von Kleidung basiert.  Wie steht es um die Textilbranche aktuell? Welche Trende Richtung nachhaltiger Kleidung zeichnen sich ab? Und worauf muss ich als Konsument:in achten? 

 

Auf Kosten der Umwelt, der Produzierenden … und der nächsten Generationen

Beginnen wir bei einigen Fakten zu Fast Fashion. Die negativen Auswirkungen von Fast Fashion sind neben der minderwertigen Qualität und der damit verbundenen Kurzlebigkeit der Produkte v.a. soziale und ökologische Probleme. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen in den Fabriken führen dazu, dass die v.a. weiblichen Angestellten bis zu 16h/Tag für 2€ am Tag arbeiten müssen und dabei unmittelbar der Vielzahl eingesetzter Chemikalien ausgesetzt sind (2). Die Böden und Gewässer in den produzierenden Ländern werden u.a. durch Pestizide, Insektiziden, und andere Chemikalien belastet. Zudem befeuert die Kleidungsproduktion den Klimawandels durch einen immensen CO2 Ausstoss – die Textilindustrie ist derzeit für 10% der globalen CO2  Emissionen verantwortlich. Sie ist der 2. größte Verschmutzer von Frischwasser und verwendet 10% bzw. 25% der weltweit eingesetzten Pestizide und Insektizide (5). Zudem sind die, in der Fast Fashion aufgrund ihres geringen Preises heiß-geliebten und in einer Vielzahl der Kleidungsstücke eingesetzten, Polyesterfasern eine der Hauptquellen von Mikroplastik. Dieses gelangt bei der Herstellung sowie beim Waschen der Kleidung in die Umwelt –  35% des weltweiten Mikroplastiks stammen aus Textilien (1)

Mehr dazu erfahrt ihr in diesem Video.

 

Reparieren – warum denn?

Gegenwärtig ist der exzessive Konsum billiger Wegwerfmode die übliche Praxis: Rund 60 Kleidungsstücke kauft sich jeder Deutsche im Schnitt jährlich neu. Weltweit werden so rund 56 Mio. t Kleidung verkauft (6). Über 40% der Deutschen haben noch nie kaputte Kleidungsstücke repariert. Noch gravierender ist die Situation bei Schuhen – knapp 60% der jüngeren Leute (18-29 Jahre) haben ihre Schuhe noch nie reparieren lassen – bei den über 60-jährigen sind es hingegen nur 20% (7). Was also früher ganz normal war – kaputte Kleidungsstücke reparieren zu lassen oder selber zu reparieren, um sie möglichst lange nutzen zu können, wird heute nur noch in Ausnahmefällen gemacht.

Zu billig sind die Kleidungsstücke, zu schnelllebig die Trends, zu einfach ist es, sich bequem vom Sofa aus übers Internet die neuesten Teile zu bestellen – gleich in mehreren Größen, damit auch etwas passendes dabei ist. So sind wir inzwischen an einem Punkt, an dem 40% der Kleidungsstücke in Deutschland NIE angezogen werden!

Ein Licht am Horizon? Fair Fashion!

Doch am Horizont scheint sich eine Trendwende abzuzeichnen: der Absatz an Kleidung mit Fairtrade Siegel hat sich zwischen 2009 und 2019 mehr als verzehnfacht (8). Immer mehr große Modeketten nehmen faire Kollektionen auf und Altkleidung zum Recycling entgegen. Zudem verpflichten sich zahlreiche Firmen dazu, ihre Produktion weniger umwelt- und klimaschädlich zu gestalten (4, 9). Auch die Zahl kleiner, fairer Modelabels steigt beständig – doch ist Fair Fashion – also fair produzierte Mode – bereits die Antwort aller Probleme? Welche Aussagekraft haben die verschiedenen Öko-Siegel und worauf sollte ich als Bürger in Punkto Kleidung besonders achten?

 

Nachhaltigkeit vom Beginn an mitdenken

Fangen wir mit der Textilbranche an – Was kann & sollte sie anders machen?

Den Auftrag an die Modebranche fasst Greenpeace folgendermaßen zusammen;

„Die Art und Weise, wie Kleidung hergestellt, genutzt und entsorgt wird, bedarf einer Generalüberholung. Modemarken müssen qualitativ hochwertigere Kleidung produzieren, die langlebig, reparierbar, von weiteren Personen tragbar und am Ende vollständig kreislauffähig ist. Dafür sind neue Geschäftsmodelle gefragt“ (10)

Wer sich mehr im Detail mit der Thematik beschäftigen möchte, dem sei diese tolle Publikation von Greenpeace an Herz gelegt (9).

 

Wir haben die Macht!

Doch was kann ich als Bürger:in tun? Wie kann ich mit meinen bescheidenen Möglichkeiten dazu beitragen, dass die Textilindustrie nicht weiterhin Menschen im globalen Süden ausbeutet, unsere Umwelt zerstört und den Klimawandel befeuert?

Laut einer Greenpeace Studie ist „der einfachste Schritt, Kleidung länger zu tragen. Allein die Verlängerung der Lebensdauer unserer Kleidung von einem auf zwei Jahre würde die CO2-Emissionen um 24 Prozent reduzieren“(10). Das klingt doch nach einem einfachen ersten Schritt – hinterfragen, ob man wirklich etwas neues braucht und überlegen, ob es die Kleidungsstücke, die man bereits hat, nicht noch eine Weile tun. Woran erinnert uns das? Richtig – an die ersten beiden Stufen der Treppe des Nachhaltigen Konsums, die wir Anfang des Jahres in unserer Version vorgestellt haben.

 

So geht nachhaltiger Kleidungs Konsum heute

In dieser folgen nun auf das Hinterfragen der Bedürfnisse als nächste Schritte die handwerklichen Stufen des Reparierens und Selbermachens. Sollte man selber nähtechnisch noch nicht so erfahren sein, so können wir für die ersten einfachen Reparaturen Youtube Videos oder aber auch Repair Cafés (wie demnächst auch in Grafrath! :)) oder Nährkurse (z.B. über die VHS) empfehlen. In denen bekommt man die Basics relativ schnell vermittelt. Falls ihr immer noch darauf pocht zwei linke Hände – oder aber schlichtweg keine Zeit zum Selberreparieren oder Nähen zu haben – es gibt in fast allen Orten Änderungsschneiderreien – bei uns in der Gegend z.B. die Kouja Schneiderei in der Brucker Str. 3 in Grafrath.

Solltet ihr Kleidungstücke für spezielle Anlässe, wie Kostümpartys oder Fasching brauchen, dann bietet sich hingegen die nächste Stufe an: Ausleihen! Fragt doch einfach in eurem Freundeskreis mal rum, wer vielleicht genau das Kostüm, dass ihr euch für nur einen Abend gekauft hättet, noch in den Untiefen seines/ihres Kleiderschrankes rumzuliegen hat. Oder vielleicht auch ein viel besseres! 😉

Manchmal ist es aber auch so, dass man lange getragene Kleidungsstücke einfach nicht mehr sehen – oder aber auch größenmäßig nicht mehr tragen kann oder will. In diesem Fall bietet sich das Tauschen von Kleidungsstücken an – z.B. über Kleidertauschpartys die in regelmäßigen Abständen in fast allen größeren Orten veranstaltet werden.

Und erst jetzt wären wir beim eigentlichen Kauf von neuen oder gebrauchten Kleidungsstücken angekommen. Im ersten Schritt bietet sich der Second Hand Kauf als ressourcenschonende Möglichkeit des Einkaufens an – Optionen gibt es hierfür in der digitalen oder realen Welt wie Sand am Meer (Ebay Kleinanzeigen, Vinted.de, lokale Second Hand Geschäfte, Flohmärkte,…).

Und erst als allerletzte Option sollten der Neukauf eines Kleidungsstückes in Erwägung gezogen werden – denn egal wie nachhaltig und fair etwas produziert wird – das nachhaltigste Produkt ist das, welches wir NICHT (neu) kaufen.

 

Umweltsiegel als Hilfestellung

Um uns Bürger:innn einen möglichst verantwortungsvollen Konsum zu ermöglichen, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Umwelt- & Solzialsiegel kreiert. Eine Übersicht über die wichtigsten Labels und deren Wertigkeit findet ihr hier (11) Unter den stärksten sind dabei das IVN Best sowie das GOTS Label. Vor knapp 2 Jahre neu hinzugekommen ist der Grüne Knopf – dieser fasst mehrere Siegel zusammen und Produkte mit diesem Siegel sind einer Vielzahl von Geschäften, wie z.B. Tchibo, Aldi, VauDe, erhältlich. Dem Vorteil der großen Verbreitung stehen jedoch die (noch) nicht allzu strengen Kriterien gegenüber.

Das Label der Fair Wear Foundation ist ein reines Sozialstandard – die Initiative bestehend aus NGOs, Gewerkschaften sowie Wirtschafts- und Handslsverbänden engagiert sich für die Verbesserung der sozialen Bedingungen in Nähfabriken sowie für die Bezahlung von fairen  Löhnen.

 

 

Falls ihr Interesse an noch mehr interessanten Dokumentationen habt, dann schaut mal hier und hier.

Quellen:

1 Boucher, J, Friot, D., Primary microplastics in the oceans, Gland, Switzerland: IUCN (2017). 

2 uba, 2019, Bekleidung, https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/haushalt-wohnen/bekleidung#unsere-tipps

3 Kant, R., Textile dyeing industry: An environmental hazard, Natural Science, Vol. 4, 1 (2012).

4 McKinsey, 2020, Fashion on Climate – How the Fashion Industry can urgently act to reduce its Greenhouse Gas Emissions.

5 uba, Textilindustrie, 2019‚ https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/textilindustrie#die-textilindustrie-in-deutschland

6 Arte, Fast Fashion – Die dunkle Welt der Billigmode, 2020.

7 Greenpeace, 2015, „Wegwerfware Kleidung“.

8 Statistica, 2021, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/171742/umfrage/absatz-von-textilien-mit-fairtrade-siegel-seit-2008/

9 Greenpeace, 2018, Destination  Zero:  Sieben Jahre Entgiftung  der Textilindustrie, https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/s02231-greenpeace-report-2018-detox-destination-zero.pdf. 

10 Greenpeace, 2017, Konsumkollaps durch Fast Fashion, https://greenwire.greenpeace.de/system/files/2019-04/s01951_greenpeace_report_konsumkollaps_fast_fashion.pdf.

11 Greenpeace, 2016, Textil-Label unter der Detox-Lupe, https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/greenpeace_textil-label-juni_2016.pdf

 

(Bericht und Grafiken: Cornelia Wiesmeier, Foto: pixabay.de)